Quo vadis DBK?

Am Morgen noch hatte ich in der Heiligen Messe schlimme Prophezeiungen Ezechiels über „Die schlechten Hirten“ gehört. Es waren massive Anschuldigungen und es blieb nicht aus, dass ich auch an einige – viele eher – unserer Hirten heute dachte. Aber es waren Worte aus dem Alten Testament und sie sind oft schärfer und deutlicher als wir sie heute verwenden würden: „So spricht Gott, der Herr. Weh den Hirten Israels, die nur sich selbst weiden. Müssen die Hirten nicht die Herde weiden? …Die schwachen Tiere stärkt ihr nicht, die kranken heilt ihr nicht, die verletzten verbindet ihr nicht, die verscheuchten holt ihr nicht zurück, die verirrten sucht ihr nicht und die starken mißhandelt ihr. Und weil sie keine Hirten hatten, zerstreuten sich meine Schafe und wurden eine Beute der wilden Tiere.“

Es war eine schlimme Anklage und mir schien sie auch auf unsere Lage in der Kirche ziemlich gut zu passen. Am Morgen ahnte ich noch nicht, dass sie mir im Lauf des Tages noch viel passender erscheinen würde, denn nun gab es eine Nachricht von unserer Bischofskonferenz, die geradezu unglaublich ist: Die DBK hat einen Film mit einem Preis ausgezeichnet, in dem das, was bisher als Sünde galt und in unserer Kirche nicht erlaubt war, richtig sein soll.

Es geht um die Dokumentation „Wie Gott uns schuf – Comig-out in der katholischen Kirche“, die im Januar in der ARD im Rahmen der von vielen Medien massiv unterstützten Kampagne „OutinChurch“ gesendet wurde.

Kardinal Marx – natürlich, wer sonst? – wird den mit 5.000 € versehenen Hauptpreis am 3. November beim katholischen Medienkongress in Bonn übergeben. Er hat sich sicher die Begründung der Jury zu eigen gemacht: geehrt werde „das wohl größte Coming-out, das es in der katholischen Kirche jemals gegeben hat: 100 Gläubige, die sich als nicht-heterosexuell identifizieren, wagen in der ARD-Dokumentation den Schritt an die Öffentlichkeit.“ Es sei ein „tief berührender, erschütternder Film, der beschämt und aufrüttelt.“

Die Priester und Ordensmänner, die sich in der Dokumentation als Homosexuelle outen und die anderen kirchlichen Angestellten hinterfragen oder begründen ihre Position nicht. Sie verlangen – ohne auf die religiösen Gründe einzugehen – dass man sich nach ihnen richten möge.

Es ist unzulässig, wenn sich homosexuelle oder lesbische Paare auf verschiedenen unnatürlichen Wegen ihren Kinderwunsch erfüllen; unter anderem, weil dafür überzählige befruchtete Eizellen „verworfen“ werden und weil die geborenen Kinder einmal wissen werden wollen, wie die Umstände ihrer Zeugung waren und auch beispielsweise, wer ihre eigentliche Mutter, der biologische Vater war.

Die Frau, die Dank Samenspende zwei Söhne hat, die sie mit ihrer lesbischen Partnerin aufzieht, erwähnt nicht, was gegen die künstliche Zeugung spricht, sondern nur die angebliche Unbarmherzigkeit der Kirche.

Der Priester, der gegen das ausdrückliche Verbot aus Rom homosexuelle und lesbische Paare segnet, ignoriert, dass man sündiges Verhalten nicht segnen kann. Für ihn gibt es diese Sünde offenbar nicht mehr. Er hat seine eigene Theorie dazu.

Die Schwester, die ihren Orden für ihre Liebe zu einer Frau verlassen hat, verheimlicht diese Liebe ihr Berufsleben lang, um weiter im Dienst jener Kirche zu verdienen. Sie hat vor allem Angst um ihre Pension, die ihr nach dem Berufsleben nicht mehr genommen werden kann.

Der Religionslehrer lehrt weiter den Glauben einer Kirche, mit der er nicht mehr übereinstimmt und vielleicht lehrt er genau auch das.

Die Interviewten verdienen ihren Lebensunterhalt im Dienst jener Kirche mit deren wesentlichen Grundsätzen sie sich nicht mehr identifizieren. Zu ihrer Erleichterung und damit sie sich nicht verbiegen müssen, soll sie sich ändern.

Dieser Film hat vieles dokumentiert, was nicht mit dem Glauben der Kirche in Einklang zu bringen ist. Nun aber schämen sich einige unserer Bischöfe dafür, dass sie genau dieses bisher nicht gesehen und gefördert haben.

Soll ich mich jetzt für sie schämen? Fremdschämen ist momentan ja ziemlich beliebt. Nein, das wohl nicht. Aber wie sie bin ich erschüttert. Nicht über diesen Film allerdings, sondern über jene, die das auszeichnen, was sie verurteilen müssten. Denn mit Hilfe dieser Dokumentation wird eine völlige Veränderung der kirchlichen Lehre unterstützt, der Lehre, für die unsere Hirten einstehen müssten. Dass sie diese Veränderungen aber unter anderem über den Synodalen Weg erreichen wollen, hat Bischof Dieser in Zusammenhang mit der Nachricht über den Preis deutlich gemacht. Und zu den Interviewten zählen ja auch Berater des Synodalen Weges.

Wie mahnt der Prophet Ezechiel vor langer und immer noch so aktueller Zeit? „Meine Herde irrte auf allen Bergen und Höhen umher und war über das ganze Land zerstreut“.

Die Entscheidung der DBK wird sicher nicht zu mehr Einheit, sondern zu noch mehr Verwirrung und Spaltung führen. Natürlich muss sich die Kirche um jeden Menschen kümmern, der trotz Problemen zu ihr gehören will. Aber sie kann deshalb nicht leugnen, was ihre Lehre ist. Die DBK unterwirft sich hier in vorauseilendem Gehorsam der öffentlichen Meinung, sie folgt einer Agenda, die nicht die ihre sein dürfte. Die Befürworter der Preisverleihung brechen den Eid, den sie einst geleistet haben. Sie lassen ihre Herde im Stich.

Dieser Tage wurde berichtet, dass ein Bild-Redakteur bei seiner Zeitung gekündigt hat, weil er nicht unter dem Segel der Regenbogen-Flagge weiterarbeiten wollte. Ralf Schuler schrieb in seiner Begründung an seinen Chefredakteur und den Springer-Chef: „Ich bin nicht bereit, für eine politische Bewegung und ihre Flagge zu arbeiten.“ Und: „Jedwede Diskriminierung ist von Übel. Sich gegen Diskriminierung zu wenden, bedeutet aber nicht, sich die Agenda der LGBTQ-Bewegung zu eigen zu machen“.

Dieser Journalist, der mit seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt verdienen muss, hat völlig recht. Jene Bischöfe, die diesen Preis verleihen und ein vollkommen finanziell abgesichertes Leben führen, haben den Unterschied zwischen der Nichtdiskriminierung des Einzelnen und dem Zueigenmachen einer Agenda offenbar noch nicht erkannt.

Ezechiel klingt mir noch in den Ohren: “Spruch Gottes, des Herrn: Weil meine Herde geraubt wurde und weil meine Schafe eine Beute der wilden Tiere wurden – denn sie hatten keine Hirten – und weil meine Hirten nicht nach meiner Herde fragten, sondern nur sich selbst und nicht meine Herde weideten, darum, ihr Hirten hört das Wort des Herrn: Nun gehe ich gegen die Hirten vor und fordere meine Schafe von ihnen zurück. Ich setze sie ab, sie sollen nicht mehr die Hirten meiner Herde sein. Die Hirten sollen nicht länger nur sich selbst weiden: Ich reiße meine Schafe aus ihrem Rachen, sie sollen nicht länger ihr Fraß sein“.

Ursula Zöller

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